Ackerrandstreifen

Bedeutung der Ackerwildkräuter
Seit 5000 Jahren sind Ackerunkräuter erfolgreiche Konkurrenten unserer Kulturpflanzen. Ohne Bekämpfung dieser "Unkräuter" hätten unsere "Futterpflanzen" nie eine Chance gehabt. Erst mit Einsatz chemischer Unkrautbekämpfungsmittel und hoher Stickstoffgaben konnte man ihrer auf der großen Ackerfläche Herr werden.
Gleichzeitig mit diesem Erfolg meldete sich jedoch eine Sorge: Bereits die Hälfte der rund 220 in Baden-Württemberg vorkommenden Ackerunkräuter wird in der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Pflanzen aufgeführt.
Vor dem Hintergrund der landwirtschaftlichen Überproduktion und im Zuge des wachsenden Umweltbewußtseins werden unsere Äcker vermehrt nicht nur als Produktionsflächen für Nahrungsmittel angesehen, sondern auch als Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Der Begriffswandel vom Ackerunkraut zum Ackerwildkraut ist in diesem Zusammenhang ein Hinweis für die Entwicklung zu einer etwas umweltgerechteren Landwirtschaft.

Viele Ackerwildkräuter sind Stammformen von Kulturpflanzen wie Feldsalat und Portulak. Die Echte Kamille ist allen als Heilpflanze bekannt. Kornblumen und Klatschmohnarten beleben nicht nur das Landschaftsbild, sondern werden auch als Zierpflanzen in allen Farbvarianten gehandelt. Brennessel und Ackerschachtelhalm sind bei vielen Gartenbesitzern bereits besser als
Bestandteil biologischer Blattlaus- und Pilzbekämpfungsmittel denn als Unkraut bekannt.

Ackerwildkräuterschutz dient also dem Erhalt wilder Stammformen, die als Ausgangsmaterial für Züchtungen neuer Kulturpflanzen oder für die Einkreuzung resistenter Eigenschaften benötigt werden. Die moderne Gentechnik legt auch Vorräte von Wildkräutern in ihren Genbanken an. Warum sollten Wildkräuter, die vor Vitalität geradezu strotzen, ihre gesunden und resistenten Gene nicht ihren labileren und anfälligen Verwandten unter den Hochleistungspflanzen spenden?

Damit haben die früheren Unkräuter in den Labors der Großkonzerne Einzug gehalten und sind zum Wirtschaftsfaktor geworden. Vielleicht eine Garantie zum Überleben.
Der Spaziergänger wird sich vor allem an den belebenden Farben der Ackerunkräuter erfreuen, den optischen Akzent der Landschaft wahrnehmen.
Von jeder Art hängen im Durchschnitt 12 pflanzenfressende und blütenbesuchende Tierarten ab, von diesen ernähren sich wiederum etliche andere Arten. Die Ackerunkräuter sind also auch Grundstock ganzer Nahrungsnetze, Voraussetzung für eine vielfältige Tierwelt in der Flur.Der Schutz der Ackerwildkräuter sollte sich auf zweierlei Weise realisieren: Der Verzicht auf Pflanzensschutzmittel ermöglicht den Erhalt aller Arten, während eine Verminderung der Düngergaben vor allem die selteneren und gefährdeten
lichthungrigen fördert.

Ackerrandstreifen zum Schutz der Ackerwildkräuter
In der Wildnis wachsen keine Ackerwildkräuter. Auch der Versuch, sie auf Blumenwiesen einzuschmuggeln, wird nicht gelingen. Sie sind echte Kulturfolger und an die ständige Bewirtschaftung angepaßt. Als wirkungsvolle und wenig aufwendige Schutzeinrichtung bietet sich der Ackerrandstreifen an. Man verzichtet am Ackerrand einige Meter auf die bereits angeführten chemischen Pflanzenschutzmittel, auf mechanische Unkrautbekämpfung sowie auf Stickstoffdüngung. Ein Muß ist dagegen die Bodenbearbeitung. Der Streifen kommt jedes Jahr unter den Pflug. Ideal wäre die gleiche Einsaat wie auf der intensiv bewirtschafteten Fläche. Diese reine Extensivierungsmaßnahme brächte dann in abwechselnder Folge die typische Begleitflora der jeweiligen Kulturpflanze bzw. Bewirtschaftungsmaßnahmen zum Vorschein.

Ackerrandstreifen gehören zu den sogenannten Saumbiotopen, wozu auch Wegränder, Feldraine, Waldränder und Feldgehölze zählen. Sie sollten kein Inseldasein führen, sondern die Landschaft vernetzen als Straßen vielfältigen Lebens in unserer oft eintönigen Agrarlandschaft.
Landwirte erbringen mit der Anlage von Ackerrandstreifen Leistungen für den Naturschutz und nehmen Ernteausfälle in Kauf. Das muß ausgeglichen werden. Je nach Bundesland und Haushaltslage gibt es dafür Förderprogramme.